Fachartikel

im HESSEN REPORT von Andreas Lichert

EU-Taxonomie und Regulierungswahn bedrohen Wohlstand und Freiheit

Soziale Marktwirtschaft in Gefahr? Es droht Planwirtschaft 2.0!

„Niemand hat die Absicht, die soziale Marktwirtschaft abzuschaffen.“ Pro forma bekennen sich alle ernstzunehmenden politischen Kräfte zu ihr.

Allein der Begriff der sozialen Marktwirtschaft trägt schon viel Wahrheit in sich, denn das entscheidende Substantiv ist die Marktwirtschaft, während sozial als Adjektiv beschreibt, dass diese Marktwirtschaft um Mechanismen des sozialen Ausgleichs erweitert werden muss, was heutzutage kaum noch jemand in Frage stellt. Was dabei nur allzu oft vergessen wird: Ohne Marktwirtschaft gibt es gar keine hinreichende Wertschöpfung, um den sozialen Ausgleich überhaupt zu ermöglichen.

Ohne Marktwirtschaft sind zwar vermeintlich alle Menschen gleich, aber eben auch gleich arm!

Gute Wirtschaftspolitik ist immer Ordnungspolitik, die sich auf das Setzen der richtigen Rahmenbedingungen konzentriert. Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer und schon gar in der Lage, komplexe Märkte mit Millionen Bürgern und Unternehmen zu lenken. Stattdessen finden wir uns bei diesen vergeblichen Versuchen regelmäßig in einer „Interventionsspirale“ wieder. Das bedeutet, staatliche Markteingriffe nehmen immer mehr zu, weil sie negative Seiteneffekte vorangegangener staatlicher Markteingriffe zu korrigieren versuchen.

Konkret äußert sich das in einem immer komplizierteren Wechselspiel von Regulierungen, Vorschriften und Gesetzen einerseits und ebenso unüberschaubaren Förderprogrammen andererseits. Ganze Beraterbranchen leben ausschließlich davon, den Unternehmen und Bürgern zu helfen, an Steuerzahlergeld zu kommen, um Investitionen zu finanzieren, die sie ohne staatliche Gängelung gar nicht tätigen würden.

Allzu oft fehlt bei Förderprogrammen und Subventionen eine systematische Erfolgskontrolle. In Hessen ist es ein handfester Skandal, dass die Landesenergieagentur zum Zwecke des sogenannten „Klimaschutzes“ zwar jedes Jahr hunderte Projekte „anschiebt“, die mit vielen Millionen Euro Steuerzahlergeld gefördert werden, es aber keine systematische Erfassung von geplanten CO2-Einsparungen, tatsächlichen CO2-Einsparungen und vor allem den entsprechenden Kosten bzw. Investitionen pro Tonne eingespartem CO2 gibt. Verantwortungsloser kann man mit Steuerzahlergeld kaum umgehen.

Dieser politisch gewollte oder hingenommene Blindflug verblasst aber angesichts des Größenwahns der – wie könnte es anders sein? – die EU befallen hat. Gemeint ist hier die sogenannte Taxonomie, die nicht weniger zum Ziel hat, als alle wirtschaftlichen Tätigkeiten auf einer Nachhaltigkeits-Skala einzuordnen! Ein Unternehmen ließe sich somit theoretisch leicht auf einer Nachhaltigkeits-Skala einordnen und anhand willkürlicher Schwellwerte ließe sich dann auch die Trennlinie zwischen guten nachhaltigen und bösen nicht nachhaltigen Unternehmen ziehen und letztere müssen natürlich vom Markt verschwinden.

Das Perfide an diesem Regulierungsmonstrum ist, dass die Finanzwirtschaft zum Erfüllungsgehilfen gemacht wird und durch unmittelbare Regulierung von Banken und Versicherungen jedes Unternehmen langfristig der Taxonomie unterfällt, das auf Eigen- oder Fremdkapital angewiesen ist – also praktisch alle. Auch wenn kleine und mittlere Unternehmen formal unterhalb der Schwellwerte liegen, werden Großunternehmen diesen Regulierungsdruck an ihre Lieferanten und Dienstleister weitergeben. Auch für KMU gibt es kein Entrinnen und für sie ist der Aufwand viel schwerer zu tragen als für Großunternehmen, sodass die Taxonomie daher auch eine Wettbewerbsverzerrung zugunsten der Großunternehmen bewirkt.

Neben dem ungeheuren bürokratischen Aufwand, der auf die Unternehmen zukommt, gibt es zwei elementare Risiken, die beinahe schon Gewissheiten sind: Es droht ein gewaltiger Wohlstandsverlust, denn Unternehmen werden sich aufgrund der Bedeutung der Unternehmensfinanzierung für den langfristigen Erfolg und das Überleben des Unternehmens weniger um ihre Kunden und Produkte kümmern und dafür mehr um „Prozesskonformität“ und ein Anschmiegen an die Taxonomie bemühen, um maximal von Subventionen und „sustainable finance“ und „green bonds“ zu profitieren. Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit werden dadurch sinken, wir werden alle ärmer!

Zum Zweiten: Zurzeit steht die Modevokabel „Nachhaltigkeit“ im Vordergrund der Taxonomie, im Grunde ist dieser umfassende Steuerungsrahmen jedoch „agnostisch“. Das heißt, potenziell könnten auch andere Kriterien nach ähnlichem Schema einfließen, beispielsweise „Soziales“ oder „Diversität“. Wer das für abwegig hält, stelle sich einfach die Frage, für wie abwegig er die Taxonomie an sich vor 10 Jahren gehalten hätte!?

Die EU und ihre Mitgliedsstaaten schaffen sich mit der Taxonomie ein Instrumentarium für eine umfassende Steuerung der gesamten Wirtschaft auf politisch gewünschte Ziele hin. Das ist Planwirtschaft 2.0 und der Tod der sozialen Marktwirtschaft in einem sinnvollen Sinne des Begriffes.

Man kann zwar erkennen, dass dieser Ansatz zur Wirtschaftssteuerung deutlich elaborierter ist als der klassische Dirigismus der ideologischen Großprojekte „Energiewende“ und „Verkehrswende“, aber diese Verbotsorgien werden ja nicht ersetzt, sondern die Taxonomie kommt noch oben drauf. Die Schlinge zieht sich enger und enger und unternehmerische und bürgerliche Freiheit bleibt ganz bewusst auf der Strecke. Im englischsprachigen Raum hat sich bereits die Formel eingebürgert: „Go woke or go broke!“ Auf deutsch: „Werde ,woke‘ oder geh pleite!“.

Nur die Alternative für Deutschland stellt sich in Deutschlands Parlamenten und dem Hessischen Landtag diesem politischen Machbarkeitswahn entgegen. Bedenken Sie das am 8. Oktober!